Die 5 Prämissen meiner Beratung

Die folgenden fünf Grundprinzipien, die ich bei der Begleitung meiner Klienten anwende, habe ich nicht selbst erfunden. Sie leiten sich ab aus meinem Verständnis und meiner Interpretation des systemischen Beratungsansatzes. Aber mit diesem theoretischen Hintergrund müssen Sie sich eigentlich gar nicht so genau befassen. Deswegen beschreibe ich hier die fünf Grundsätze möglichst praxisnah:   

  1. Möglichkeitsraum erweitern: Entwicklung hin zu Ihrem angestrebten Ziel bedeutet für mich nicht, dass Sie bisher etwas falsch gemacht haben, sondern dass es in bestimmten Situationen bessere Handlungsalternativen gibt, die Ihnen bisher noch nicht zur Verfügung standen. Sie sind also eingeladen, Ihren Werkzeugkasten um neue Instrumente zu erweitern und sich mit deren Handhabung vertraut zu machen.
  2. Umparken im Kopf: Denn von einem anderen “Parkplatz“ aus ergeben sich auch neuen Blickwinkeln neue Perspektiven. Wenn Sie etwas anschauen von einem Standpunkt aus den Sie bisher noch nicht eingenommen haben, wird das, was Sie sehen dadurch weder richtiger noch falscher, nur vollständiger. Dies wiederum erlaubt einen besser funktionierenden Umgang damit.
  3. Zukunftsorientierung: Wie Einstein schon sagte: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ Die Vergangenheit können wir nicht ändern; was wir tun können ist zukünftig unseren Blick auf das Geschehene zu erweitern (siehe Punkt 2) und die Zukunft weiträumiger zu gestallten (siehe Punkt 1). Und wir können uns vergangenen Erfahrungen als Ressourcen für die zukünftige Gestaltung unseres Lebens zu Nutze machen.
  4. Subjektive Wahrheiten als solche akzeptieren: Wahr ist, dass es nicht DIE WAHRHEIT für alle gibt, sondern jeder seine eigene Sicht auf die Welt und deren Zusammenhänge hat. Weil sich die eigene Wahrheit so besonders wahr anfühlt, ist es oft schwierig sich vorzustellen, dass es unserem Gegenüber ganz genauso ergeht. Die Übung, fremde Wahrheiten statt sie zu bewerten mit Neugierde zu betrachten, kann viele Kommunikationshindernisse in der Partnerschaft abschmelzen.
  5. Dynamik statt Schuld: Die Frage ist nicht, was macht mein Partner falsch, auch nicht was mache ich falsch, sondern was bewirkt mein Tun bei meinem Gegenüber. Während erstere Fragen ein Fehlverhalten unterstellen und damit „automatisch“ zu Abwehr führen, ist die letztere eine Forschungsfrage, die uns Auskunft gibt, wie die Zahnräder im „paardynamischen Getriebe“ ineinander greifen.

Wenn sie die fünf Prämissen meiner Beratung genauer kennenlernen möchten, dann abonnieren Sie am besten diesen Newsletter, denn in loser Folge werde ich die fünf Grundprinzipien jeweils in einem eigenen Beitrag detaillierter und mit Beispielen erläutern.

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Interview: Fragen an einen Freund

Neulich bat mich ein Journalist der „Deutschen Presse Agentur“ (dpa) um ein Interview zum Thema: „Fremdgehen und Loyalität in Freundschaften“. Wie soll man sich verhalten, wenn man mit bekommt, dass ein(e) Freund(in) ohne Wissen ihres/ihrer Partner(in) heimlich andere sexuelle Kontakte hat? Oder wenn man merkt, dass ein Freund oder eine Freundin sexuell „hintergangen“ wird?

Der Artikel, der auf Grundlage des Interviews entstand, ist kürzlich in der Reihe „Fragen an einen Freund“ in mehreren Tageszeitungen erschienen, u.a. in der „Frankfurter Rundschau“ und der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (aus meiner Heimatstadt Heidelberg)*.

Täter und Opfer

Nicht ganz glücklich bin ich mit der vom Journalisten gewählten Terminologie vom „Fremdgeher“ und vom „Betrogenen“. Zwar wird dadurch einerseits sofort klar, welche Rolle jeweils gemeint ist, auf der anderen Seite lösen diese Begriffe aber starke Assoziationen aus zu Begriffen wie „Täter“ und „Opfer“.

Aus meiner Beratungserfahrung kann ich sagen, dass es in der Realität kaum so ist, dass einer von beiden ausschließlich und alleinig die Schuld trägt und der andere keinerlei Verantwortung für das Geschehene hat.

Wenn also Paare in einer Situation sexueller Untreue zu mir kommen, ist es wichtig zu klären, welchen Beitrag jeder von beiden innerhalb des Systems dazu geleistet hat. Noch wichtiger allerdings ist es herauszufinden, welchen Beitrag jeder von beiden zukünftig leisten kann, damit es nicht mehr zu weiteren Unehrlichkeiten und Vertrauensverlust in der Beziehung kommt.

Diese Unehrlichkeit, die sehr oft mit einer sexuellen Außenbeziehung oder -begegnung einher geht ist nach meiner Erkenntnis wesentlich schädlicher und gefährlicher als die direkte Kränkung des Partners durch den anderweitigen sexuellen Kontakt.

With a little help from my friends

Nun aber noch mal zurück zum Interview: Ich plädiere darin dafür immer zuerst den aktiven Teil anzusprechen, wenn man „Regelverletzungen“ im Freundeskreis verMUTet. Und das erfordert eben auch Mut. Ein sofortiges, unbedachtes „Petzen“ halte ich aber für genauso verfehlt wie ein „Das geht mich überhaupt nichts an“.

Ich vertrete hier einen pragmatischen Ansatz, der nicht von einer bestimmten Sexualmoral ausgeht. Vielmehr ist er von der Erkenntnis getragen, dass langfristig gute und stabile Beziehungen, die wir ja alle wollen, nur in einem Umfeld von Offenheit und Vertrauen gedeihen können. Eine (länger währende) Verstrickung in Lügen und Ausreden hingegen höhlt eine Beziehung von innen heraus solange aus bis sie in sich zusammenbricht.


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Schuld oder Verantwortung?

Bis in die 70er Jahre wurde vor Gericht festgestellt, wer von beiden die Schuld an einer Scheidung trägt. Das gibt es heute so zu Glück nicht mehr. Dennoch ist der Gedanke immer noch weit verbreitet, klären zu wollen, wer an einer bestimmt Situation schuld ist. Beratungen in meiner Praxis klammern die Schuldfrage weitestgehend aus. Warum sich das bewährt hat lesen Sie hier:

 
In meiner Arbeit mit Klienten ersetzt ich das Wort Schuld durch Verantwortung. Doch worin liegt der Unterschied? Bevor Sie direkt weiter lesen, können Sie einmal eine Minute inne halten, und für sich selbst diese Überlegung anstellen – vielleicht sogar zusammen mit Ihrem/Ihrer Partner(in) – und dann Ihre Ergebnisse mit meiner Sichtweise vergleichen.

 

Vorwärts oder rückwärts

Verantwortung ist nach vorne gewandt, Schuld nach hinten. Schuld ist derjenige, der in der Vergangenheit etwas falsch gemacht hat. Es tun sich damit also gleich zwei Probleme auf: Erstens ist es oft nicht eindeutig festzustellen was falsch und was richtig ist. Dazu bräuchte es ein von beiden Partnern anerkanntes, verbindliches und ganz eindeutiges Wertesystem, denn nur in Bezug auf ein solches, also auf eine bestimmte verbindliche Moral oder Ethik kann etwas falsch ( =nicht dieser Norm entsprechend) oder richtig ( = im Einklang mit dieser Norm) sein. Zweitens liegt das Tun oder Lassen das zur Schuld geführt hat in der Vergangenheit und kann daher nicht mehr rückgängig gemacht werden.

 
Die Schuldfrage wird oft vor allem deshalb geklärt, weil der Schuldige dann die Verantwortung für die Folgen seines Handelns übernehmen muß. Was aber, wenn beide Partner von sich aus Verantwortung für das übernehmen, was sie selbst Gutes tun können, unabhängig, ob sie dazu durch einen „Schuldspruch“ gezwungen wurden? Dann wird es für die Lösung einer Situation unerheblich wer die Schuld für sie trägt.

 
Durch die meist unfruchtbare Diskussion darüber, wer Schuld hat, wird oft sehr viel Zeit und Energie verschwendet, die bei der tatsächlichen Lösung der Probleme dann fehlt. Aus meiner Erfahrung ist dies einer der Hauptgründe, warum Paare sich „im Kreise drehen“ statt voran zu kommen. Deshalb ist es mir in meinen Beratungen ein wichtiges Anliegen meine Klienten weg von dem lähmenden Schuldfrage-Kampf hin in die lösungsorientierte Eigenverantwortung zu begleiten.

 

Ein Beispiel

Stellen Sie sich vor, sie haben sich durch Unachtsamkeit aus ihrer gemeinsamen Wohnung ausgesperrt. Wer ist daran Schuld? Sie! Stellen Sie sich nun vor, Ihr(e) Partner(in) kommt wenig später nach Hause und hat ihren eigenen Schlüssel dabei. Wer ist nun in der Verantwortung die Tür zu öffnen? Natürlich derjenige, der einen Schlüssel hat. VerANTWORTung führt zu Antworten, Schuld nicht.
 


 

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